01.07.23
KULTUR // Auf eine Zigarre mit... Gerhard Heimsath
Was rauchst Du gerade?
Eine Partagas P2 von 2019. Für mich hat die P2 ein ideales Format, ist bestens gerollt bei unvergleichlichem Geschmack.
Sie lädt zu einem Gespräch über eine bis zwei Stunden ein.
Wie lange rauchst Du schon Zigarren?
Seit meinem 14. Lebensjahr.
Welche Tabake?
Ich bin gebürtig aus Laer im Landkreis Osnabrück. Meine Eltern hatten dort einen Kolonialwarenladen, und so kam ich bei meinen ersten Zigarren versuchen an das „Handelsgold“ heran. Im Laden gab es zwei Formate davon: Handelsgold 10 für10 Pfennig und Handelsgold 30für 30 Pfennig das Stück. Weitere Stationen meiner Zigarrenbiographie waren meine Studienzeit in Kiel. Dort begegnete ich auf Empfehlung des Zigarrenhändlers Theo Trennt „Trennts Rappen“ (auch bekannt als Brazil Trüllerie), und dann meine erste Erfahrung mit (angeblich) kubanischem Tabak in der Marke „La Esdura“. Dann folgte eine zwanzigjährige Phase des Ausprobierens aller möglichen Provenienzen. Heute rauche ich im Wesentlichen Habanos, ab 16.00 Uhr ausschließlich.
Erzähle uns etwas über die Geburt von art of smoke
Um das Jahr 2000 begannen die Rauchverbote, die leider auch die Zigarren miterfassten. Wir waren vier Freunde, die beschlossen, etwas dagegen zu tun. Wir wollten Freiräume erkämpfen und den Zigarrenrauchern den Rücken stärken.
Welches sind die wichtigsten Aufgaben von art of smoke
Wir haben uns für eine Plattform im Internet entschieden, um beweglich zu sein, Action für die Zigarre zu entfalten. So entstand ein möglichst vollständiger Zigarrenterminkalender. Für unser „Zigarrenlager“ erbetteln wir Spenden, die registrierte Mitglieder von art of smoke sich verdienen können, wenn sie z. B. Berichte schreiben, Termine melden und Zigarrenlounges vorstellen. Dafür gibt es „Tabakblätter“, die verteilt werden. Jeweils am 30. November erhalten zwischen 50 und100 Mitglieder mit den meisten Tabakblättern die erbettelten Spenden. Dies führte zu einer hohen Aktivität der Mitglieder, die damit zugleich zu wichtigen Multiplikatoren wurden, die das Loblied der Zigarre sangen.
Ein Loblied auf die Havanna?
Bis 2018 führten wir den Habanos-Experten-Wettbewerb durch, bei dem es galt, eine kubanische Zigarre richtig zu identifizieren. Dass es ausschließlich Havannas waren, lag daran, dass von allen Zigarrenimporteuren Deutschlands nur 5th Avenue mitmachte. Wir brauchten für den Wettbewerb jeweils 6000 Zigarren (1500Wettbewerbszigarren und 4500 Vergleichszigarren). Aufgrund der Lieferprobleme von 5th Avenue mussten wir den Wettbewerb2018 einstellen.
Und jetzt?
Führen wir den Wettbewerb im Langsamrauchen durch. Das geschieht mit einer Montecristo No. 4. Damit soll geübt werden, sich auf eine Zigarre zu konzentrieren. Bekanntlich ist das Aus-gehen einer Zigarre dem Rauchgenuss abträglich.
Zudem haben wir das „Humidorkonsilium“ eingerichtet, 16 bis 18Mitglieder finden heraus, welche Zigarren es Wert sind, in den häuslichen Humidor gelegt zu werden. In einer nächsten Stufe wollen wir „Habanos-Champions“ ernennen, die in der Lage sind Zigarren zu erkennen, über entsprechendes Wissen verfügen, die Kunst des Anzündens beherrschen und passende Ge-tränke empfehlen.
Worin liegt der Erfolg von art of smoke?
Art of smoke ist das größte Zigarrenportal Deutschlands. Der Erfolg liegt in der Vielfalt der Zigarren und am Engagement der Mitglieder. Zudem gibt es die vielen Veranstaltungen und die ordensähnlichen Auszeichnungen, die am Revers präsentiert werden können.
Was fasziniert Dich persönlich an der Zigarre?
Zigarren schmecken nicht nur gut, sie verschaffen auch Ruhe und erleichtern die Kontemplation.
Was trinkst Du am liebsten zu einer Zigarre?
Rum, und zwar süßer Melasserum. Zur Zigarre gehört immer etwas Süßes.
Was erwartest Du von einem guten Zigarrenhändler?
Er muss eine große Auswahl an Marken und Formaten vorhalten. Bei ihm muss es möglich sein, eine Zigarre zu rauchen. Er muss möglichst viele Veranstaltungen rund um die Zigarre durchführen. Er muss selber passionierter Zigarrenraucher sein.
Wie schätzt Du die Zukunft der Zigarre ein?
In den letzten 20 Jahren haben sich Refugien herausgebildet, in denen sich kleine Gruppen von Liebhabern zusammenfinden. Das wird zunehmen, wohl immer mehr im Verborgenen. Die Zigarre wird ein Nischendasein fristen, und wer diese Nische zu bedienen weiß, wird erfolgreich sein.
Welches war Dein schönstes Zigarrenerlebnis?
Das eine erlebte ich 2005 in der Partagasfabrik in Havanna, wo mir ein Torcedor fünf unvergleichliche Habanos rollte – nur für mich. Das andere erlebte ich auf der Terrasse einer Berliner Privatwohnung, wo mir hoch über den Dächern der Hauptstadt eine privat in Havanna gerollte Salomones zu einem Pomerol offeriert wurde.
Das Interview führte Maximilian Herzog
